Eine wissenschaftliche Betrachtung am Beispiel eines deutschen Softwareherstellers
Ach ja, das gute alte B2B-Marketing. Hier treffen technologische Meisterwerke auf das kommunikative Talent einer Gebrauchsanweisung für Videorekorder aus den 90ern. Aber keine Sorge, der neue Trend, den man mit einem sympathischen Hauch von Zynismus „Storytelling“ nennt, hat sich inzwischen auch ins B2B verirrt. Und besonders in der DACH-Region – wo Veränderungen so willkommen sind wie ein unangemeldeter Besuch vom Finanzamt – entdeckt man langsam das Potenzial, die eigene Zielgruppe nicht nur mit endlosen Faktenkaskaden, sondern auch mit Geschichten anzusprechen. Die Herausforderung besteht also darin, diese graue Masse an Zahlen in etwas zu verwandeln, das sogar den eingefleischtesten Maschinenbauer aus der Reserve lockt.
Die Rolle von Storytelling im B2B-Marketing
Man stelle sich vor, eine Marke, ein Produkt oder eine Dienstleistung wird nicht einfach durch schnöde Excel-Tabellen erklärt, sondern durch eine mitreißende Geschichte. Das ist im Grunde die Idee hinter Storytelling – auch im B2B-Bereich. Der Trick besteht darin, die unvermeidlich komplexen technischen Prozesse und detailverliebten Spezifikationen in etwas zu verwandeln, das sogar für jemanden verständlich ist, der nicht gerade Maschinenbau studiert hat. Im Vergleich zur üblichen Schlaftablette aus Statistiken bietet Storytelling eine emotionalere Komponente – und genau diese ist notwendig, um das vielgepriesene Vertrauen bei den Kunden aufzubauen (Fischer & Zeidler, 2020).
Und dann ist da noch die DACH-Region. Hier, wo Veränderungen am liebsten erst nach zwanzigmaligem Abstimmen zugelassen werden, basiert Vertrauen auf langjährigen Beziehungen und einer tief verwurzelten Abneigung gegen alles, was nach Risikofreude riecht (Müller, 2021). Das Gute an Storytelling ist, dass man es hier einsetzen kann, um genau diese konservative Haltung zu bedienen: Mit einer emotionalen Erklärung, die das Gefühl vermittelt, dass alles beim Alten bleibt, während man doch etwas Neues einsetzt. Die technische Exzellenz wird in menschliche Erlebnisse übertragen, was uns alle ein wenig weniger wie Roboter und etwas mehr wie Menschen wirken lässt.
Für den Fall, dass jemand jetzt denkt: „Aber im B2B-Bereich sind unsere Produkte doch viel zu komplex!“ – genau darum geht es. Nehmen wir uns ein Herz und verpacken abstrakte Konzepte in Geschichten, die zeigen, dass der Kunde als Held triumphiert und der Technologieanbieter als weiser Mentor zur Seite steht. Wenn man die technischen Wunderwerke mit einer netten Schleife verziert, klingt das Ganze gleich viel zugänglicher.
Aber Moment, Storytelling im B2B-Bereich bedeutet nicht, dass wir es plötzlich mit einem Märchenbuch für Erwachsene zu tun haben. Es bedeutet vielmehr, dass wir eine Brücke schlagen zwischen der rationalen, faktengetriebenen Kommunikation und der menschlichen Seite des Geschäfts. Schließlich kaufen auch im B2B Menschen von Menschen. In der DACH-Region, wo Vertrauen und langfristige Beziehungen im Vordergrund stehen, bietet Storytelling die perfekte Möglichkeit, das Vertrauensverhältnis durch Geschichten zu stärken, die auf realen Erfahrungen basieren und emotional berühren.
MES-Software und Storytelling: Ein Praxisbeispiel
Betrachten wir ein Beispiel: Ein deutscher Hersteller von MES-Software (ja, genau das, was man im Alltag als Partythema meiden würde) für die Chargenfertigung steht vor der großen Herausforderung, seinen potenziellen Kunden zu erklären, warum genau diese Software ihre Leben bereichern wird. Die Software könnte also die Produktion effizienter gestalten, Prozessdaten in Echtzeit erfassen und sicherstellen, dass die Qualitätssicherung noch nie so gut funktioniert hat – eine Nachricht, die in einer PowerPoint voller Diagramme für Begeisterung sorgt. Zumindest theoretisch.
Stattdessen könnte man den ganzen Spaß in eine Geschichte verpacken: Ein mittelständisches Pharmaunternehmen steht vor einer gewaltigen Herausforderung. Dokumentationsfehler führten in der Vergangenheit zu teuren Produktionsunterbrechungen. Hier beginnt die Reise unseres tapferen Produktionsleiters, der gegen den fiesen Endgegner „Bürokratie“ kämpft. Und genau hier springt der MES-Softwareanbieter als Held ein, der mit seiner bahnbrechenden Lösung – oder sagen wir besser magischen Rüstung – den Produktionsleiter in die Lage versetzt, die Kontrolle zurückzugewinnen und die strikten Vorgaben der Chargenrückverfolgung zu meistern.
Mit einer netten kleinen Geschichte wie dieser – und vielleicht ein paar dramatischen Highlights (oh, die Produktionslinie war kurz vorm Absturz, und dann kam die Rettung in letzter Sekunde!) – wird aus einer trockenen Technologiepräsentation ein emotional ansprechendes Erlebnis. Man zeigt nicht nur, wie die Implementierung der MES-Software aussieht, sondern vor allem auch, wie ein echter Mensch (im Pharmaunternehmen) durch die neue Technologie zum Helden wird. Und seien wir ehrlich, wer wäre nicht gern mal der Held in einer Geschichte?
Natürlich ist es nicht immer einfach, komplexe technische Lösungen in eine spannende Geschichte zu packen. Aber genau darin liegt der Reiz: Die Herausforderung besteht darin, technische Details so zu präsentieren, dass sie in den Köpfen der Menschen bleiben – nicht als Zahlensalat, sondern als greifbare, menschliche Geschichte. So wird aus einem Produktionsleiter ein Held, der durch den Einsatz der MES-Software nicht nur die Effizienz steigert, sondern auch die Moral seines Teams hebt, indem er zeigt, dass Herausforderungen lösbar sind.
Die Heldenreise als Storytelling-Struktur
Kommen wir zu einem Klassiker der Literatur: die Heldenreise. Im Grunde genommen ist es das Rezept für jeden großen Blockbuster und – wie sich herausstellt – auch ein perfektes Werkzeug für B2B-Marketing. Hier wird der Kunde zum Helden, der eine Herausforderung bewältigen muss. Der Softwarehersteller ist natürlich der allwissende Mentor, der dem Helden die nötigen Tools in die Hand drückt, um sein Ziel zu erreichen. Klingt irgendwie besser, als einfach nur eine Bedienungsanleitung auszuhändigen, oder?
Stellen wir uns vor, unser Pharmaunternehmen müsste die strengen Anforderungen der Chargenrückverfolgung erfüllen. Das ist seine Herausforderung. In der Vergangenheit gab es Dokumentationsprobleme, die beinahe katastrophal endeten. Das Unternehmen braucht also Hilfe. Jetzt taucht der MES-Softwarehersteller auf, nicht einfach als Anbieter, sondern als Mentor, der das Unternehmen mit den notwendigen Mitteln versorgt. Die Geschichte beschreibt, wie die Software eingeführt wird, auf welche Hürden man trifft und wie man diese überwindet. Und am Ende steht der Held – der Produktionsleiter – strahlend da, weil er die Produktion optimiert und die Produktionsunterbrechungen minimiert hat. Die Moral von der Geschichte? Das Ganze war kein einfacher Prozess, aber das Ergebnis spricht für sich.
Die Heldenreise ist deshalb so wirksam, weil sie universelle menschliche Erfahrungen widerspiegelt. Jeder von uns hat schon einmal Herausforderungen gemeistert, sei es im Beruf oder im Privatleben. Diese Struktur nutzt das Bedürfnis der Menschen, sich mit anderen zu identifizieren, und stellt den Kunden in den Mittelpunkt. Der Softwareanbieter ist der Partner, der den Weg begleitet, Ratschläge gibt und Lösungen bietet, aber der eigentliche Erfolg gehört dem Kunden. Diese emotionale Verbindung stärkt nicht nur das Vertrauen, sondern sorgt auch dafür, dass die Geschichte und damit die Marke im Gedächtnis bleibt.
Nutzen des Storytellings in der DACH-Region
In der DACH-Region muss man natürlich ein bisschen aufpassen. Hier herrscht die Haltung: „Was der Bauer nicht kennt, das frisst er nicht.“ Mit anderen Worten: Unternehmen begegnen neuen Lösungen oftmals mit einer gesunden Portion Skepsis – und bevorzugen am liebsten 35-seitige Entscheidungsgrundlagen, bevor auch nur ein Finger in Richtung „Innovationen“ bewegt wird (Schneider & Lang, 2019). Genau hier setzt Storytelling an: Es baut Vertrauen auf, indem es reale Kundenerfahrungen erzählt und damit zeigt, dass das Ganze nicht nur heiße Luft ist.
Der Hersteller der MES-Software kann durch Storytelling nicht nur die technischen Vorteile herausstellen, sondern Vertrauen schaffen, indem er zeigt, wie andere Unternehmen von der Implementierung profitiert haben. Erfolgsgeschichten sind überaus nützlich, weil sie zeigen, dass die Lösung tatsächlich funktioniert und dass man selbst nicht das Versuchskaninchen sein wird. Eine geschickt erzählte Geschichte hilft dabei, potenzielle Kunden emotional zu erreichen, Bedenken abzubauen und den Entscheidungsprozess weniger mit „Risiko“ und mehr mit „Möglichkeit“ zu assoziieren.
Hinzu kommt, dass die kulturellen Besonderheiten der DACH-Region berücksichtigt werden müssen. Vertrauen, Präzision, Qualität und Zuverlässigkeit sind hier wichtige Werte. Das bedeutet, dass ein gutes Storytelling nicht nur spannend und emotional sein sollte, sondern auch faktenbasiert. Wer die Geschichten mit den richtigen Zahlen, Daten und Fakten würzt, erhöht die Glaubwürdigkeit und spricht sowohl die rationale als auch die emotionale Ebene der potenziellen Kunden an.
Ein weiterer Aspekt, der in der DACH-Region nicht zu vernachlässigen ist, ist die Wertschätzung für Fachkompetenz. Geschichten, die die Expertise des Unternehmens betonen, ohne dabei überheblich zu wirken, können besonders effektiv sein. Wenn der MES-Softwareanbieter beispielsweise zeigt, wie seine technischen Lösungen individuell an die Anforderungen des Kunden angepasst wurden und wie seine Experten eng mit den Kunden zusammengearbeitet haben, um deren Ziele zu erreichen, dann trifft das genau den richtigen Ton. Das zeigt nicht nur Kompetenz, sondern auch Engagement und Zuverlässigkeit.
Fazit
Storytelling im B2B-Marketing ist so etwas wie der geheime Code, um technologische Produkte, die eher auf den ersten Blick wie ein Excel-Albtraum wirken, anschaulich und emotional erlebbar zu machen. Insbesondere in der DACH-Region, in der Vertrauen und Zuverlässigkeit großgeschrieben werden, bietet Storytelling eine Möglichkeit, sich von der Konkurrenz abzuheben und die Kunden auf einer tieferen Ebene zu erreichen. Der deutsche Softwarehersteller für MES-Lösungen zeigt, dass auch vermeintlich trockene Themen eine packende Geschichte beinhalten können – wenn man es richtig anstellt.
Durch den geschickten Einsatz von Storytelling wird nicht nur die technische Exzellenz betont, sondern auch die langfristigen Vorteile für die Kunden sichtbar gemacht. Man hebt sich von den Mitbewerbern ab und schafft eine Bindung, die über einfache Transaktionen hinausgeht. Und genau das ist es, was Storytelling zu einem besonders wirkungsvollen Instrument im B2B-Marketing macht. In einer Welt voller Zahlen und Fakten bringt es den entscheidenden Unterschied: ein bisschen Menschlichkeit.
Darüber hinaus zeigt der Einsatz von Storytelling im B2B, dass es eben nicht ausreicht, nur die technischen Vorteile eines Produkts darzulegen. Es geht darum, eine Vision zu vermitteln – eine Vision davon, wie die Technologie das Leben der Kunden verbessert, Prozesse vereinfacht und das Unternehmen in eine bessere Zukunft führt. Diese Vision schafft nicht nur Begeisterung, sondern gibt den Kunden auch das Gefühl, Teil einer Erfolgsgeschichte zu sein, die über das reine Geschäft hinausgeht.
Quellen
- Fischer, A. & Zeidler, P. (2020). Storytelling im B2B-Marketing: Grundlagen und Praxis. München: Marketing Verlag.
- Müller, H. (2021). Geschäftsbeziehungen in der DACH-Region: Tradition und Vertrauen. Stuttgart: Wirtschaftsverlag.
- Schneider, K. & Lang, T. (2019). Entscheidungsprozesse im B2B: Der Einfluss kultureller Faktoren. Frankfurt: Business Insight.