Gendern im Marketing: Muss das sein, oder kann das weg?

Gendersensible Sprache – ein Thema, das so viel Leidenschaft weckt wie der Versuch, in einer WG die Spülmaschine korrekt zu beladen. Die einen lieben es, die anderen bekommen beim Gedanken daran Schnappatmung. Und irgendwo dazwischen stehst du als Marketing-Verantwortlicher und fragst dich: Muss ich mich dem Gendern anpassen, oder reicht es, wie bisher auf „Zuhörer“ zu setzen, statt auf „Zuhörende“?

Fangen wir mal vorne an. 50 Prozent der Deutschen finden Gendern laut einer Umfrage von Statista übrigens „sehr unwichtig“. Bei den Männern sind es sogar 54 Prozent. Ein ziemliches Brett, oder? Man könnte jetzt also schlussfolgern: „Gut, wenn die Hälfte dagegen ist, wozu der Stress? Einfach weiter so!“ Aber ganz so einfach ist es dann eben doch nicht. Denn hier kommen ein paar Punkte ins Spiel, die du im Marketing nicht ignorieren kannst.

Zielgruppensensibilität: Wer sitzt da am anderen Ende des imaginären Schnurtelefons?

Stell dir vor, du redest bei einer hippen Event-Agentur, deren Kunden zum Großteil aus der Gen Z stammen, in der klassischen „Sehr geehrte Damen und Herren“-Manier. Da erntest du vermutlich die gleiche Reaktion, wie wenn du bei einem veganen Dinner Haxe servierst. Warum? Ganz einfach: Junge Menschen, besonders jene unter 30, sind mit Themen wie Inklusion und Diversity aufgewachsen. Laut einer Rheingold-Studie empfindet etwa die Hälfte der jungen Generation das Gendern als wichtig für die Gleichstellung​. Hier punktest du also mit gendergerechter Sprache, weil es dem Wertekanon deiner Zielgruppe entspricht.

Aber Vorsicht: Zählst du eher den klassischen Mittelstand oder ältere, konservativere Zielgruppen zu deinen Kunden, ist Zurückhaltung angesagt. In dieser Zielgruppe gilt das Gendern eben oft als „Übertreibung“ und „unnötig kompliziert“. Hier kommst du mit der „guten alten Sprache“, wie wir sie von Heinz Erhardt kennen, wohl besser an.

Markenwerte: Bist du Inklusion, oder bist du einfach alt?

Wenn es eine Frage gibt, die uns spätestens seit dem Zeitalter der Instagram-Filter verfolgt, dann ist es: Passt das zu mir? Diese Frage solltest du dir auch als Marke stellen, wenn es um Gendern geht. Ein Unternehmen, das sich als inklusiv und divers positioniert – du weißt schon, die Sorte, die auf LinkedIn bei jedem Post einen Regenbogenhintergrund wählt – kommt um gendergerechte Sprache nicht herum. Da ist das Gendern kein „Nice-to-have“, sondern Pflicht. Denn sonst läuft die Glaubwürdigkeit schneller aus, als dein Instagram-Feed Likes für den letzten #MotivationalMonday.

Anders sieht’s bei Marken aus, die eher im konservativen Lager fischen. Hier könnte Gendern wie ein Rohrkrepierer wirken. Eine Bank oder eine Versicherung, deren Kundenstamm aus dem traditionellen Segment kommt, erreicht mit zu viel Gender-Eifer eher Stirnrunzeln als Begeisterung. Du merkst: Wie so oft im Leben, es ist kompliziert. Und ja, es hängt wirklich von deiner Zielgruppe ab.

Regulatorische Trends: Genderverbot in Bayern und anderswo?

Politik macht auch vor unserer Sprache nicht Halt – schon gar nicht vor dem Gendern. Markus Söder, der „Wächter Bayerns“, kündigte an, das Gendern in Schulen und Verwaltungen zu verbieten​. Da wird selbst die Diskussion, ob das Binnen-I jetzt eine neue Genderform ist oder nur eine Tippfehlergefahr, zur politischen Kampfansage. Soll heißen: In einigen Bundesländern könnte es bald nicht nur „nice to gender“ sein, sondern regelrecht „untersagt“.

Für dein Marketing heißt das: Augen auf und regionale Unterschiede beachten. Du willst ja nicht plötzlich als rebellische Marke dastehen, die sich gegen Regeln auflehnt. Oder vielleicht gerade doch? Das bleibt deine Entscheidung.

Trendadaption: Gendern als Fashion Statement oder Zukunftsinvestition?

Wir sind uns wohl alle einig: Trends kommen und gehen. Erinnere dich mal an Schlaghosen oder Tamagotchis. Aber das Gendern? Das könnte ein bisschen mehr bleiben. Sprachtrends reflektieren immer auch gesellschaftliche Entwicklungen. Während in manchen Teilen der Bevölkerung gendergerechte Sprache als „Sprachpanscherei“ abgetan wird, ist es für andere ein Symbol des Fortschritts.

Früher oder später könnte gendergerechte Sprache genauso zum Alltag gehören wie das Duzen im Kundenservice. Besser du bereitest dich darauf vor – denn die Zukunft gehört, so scheint es, dem Gendersternchen. Zumindest in gewissen Kreisen.

Testen und Feedback: Mit Daten lügt man nicht

Was tun, wenn du in der Zwickmühle steckst? Du bist dir unsicher, ob deine Zielgruppe mit gegenderten Formulierungen etwas anfangen kann oder ob du damit eher Unmut auf dich ziehst? Ganz einfach: Testen! A/B-Tests können dir dabei helfen, datenbasiert zu entscheiden. Und mal ehrlich: Wer vertraut in solchen Fällen wirklich noch dem Bauchgefühl, wenn es um so etwas Emotionales wie Sprache geht?

Durch verschiedene Sprachstile kannst du herausfinden, was wirklich funktioniert. Denn eines ist klar: Deine Zielgruppe wird dir ehrlich und gnadenlos zeigen, was ankommt und was nicht.

Fazit: Es gibt kein „Ja oder Nein“, nur ein „Kommt drauf an“

So, was bleibt jetzt also als Antwort auf die Frage: Gendern, ja oder nein? Es gibt leider keine pauschale Antwort. Ob gendergerechte Sprache für dich und deine Marke Sinn macht, hängt – wie so oft im Marketing – von der Zielgruppe, den Markenwerten und nicht zuletzt der gesellschaftlichen Stimmung ab.

Für progressive, junge Zielgruppen ist gendergerechte Sprache fast schon ein Hygienefaktor. Für traditionellere und konservativere Kunden ist sie dagegen oft eher ein rotes Tuch. Dein Job als Marketer? Die richtige Balance finden und testen, was zu dir und deinen Kunden passt. Denn wie schon Aristoteles sagte (oder war es mein Opa?): „Es ist nie verkehrt, etwas auszuprobieren – solange es nicht schmerzt.“

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